Was ist Selbstorganisatorische Hypnose?

In der klassischen Hypnose ist das Hauptinstrument die Suggestion. Der Therapeut macht sich ein Bild von der Störung des Patienten und überlegt sich, was dem Patienten nützlich sein könnte. Dann versetzt er ihn in Trance und gibt ihm eine direkte Suggestion, die eine Veränderung hervorrufen soll. Nimmt der Patient die Suggestion an, dann wird die gewünschte Wirkung vom Unbewussten umgesetzt. Falls jedoch bewusst oder unbewusst diese Wirkung nicht akzeptiert wird, bleibt die Wirkung aus, oder ist nur von kurzer Dauer. Dabei wirkt Hypnose, ähnlich einer Tablette, symptomatisch. Die wahren Ursachen der Problementstehung wurden dabei nur selten gefunden. Selten passierte auch echte Heilung.

Milton Erickson entwickelte von 1938 bis 1980 schrittweise seine strategische, indirekte Hypnose. Er schaute, wie der Patient bisher seine Probleme zu lösen versuchte, blockierte diese Wege und kooperierte unter Ablenkung des Bewusstseins mit dem Unbewussten des Patienten. Er verhalf dem Unbewussten des Patienten mit seinen indirekten Methoden, Lösungen zu kreieren und umzusetzen. Mit verdeckten und indirekten Methoden blockierte er die bewusste Einflussnahme des ICHS unter der Vorstellung, dass das ICH die Hauptursache für die Problempermanenz ist und einen Lösungsweg boykottiert. Sein Vorgehen revolutionierte die Hypnose und führte zu ihrer weltweiten Renaissance. In seiner Vorstellung lag im Unbewussten nicht nur der Grund für die Problementstehung, sondern auch der Weg zur Heilung. Dieser Weg wird vom Bewusstsein aus den unterschiedlichsten Gründen blockiert. Er entwickelte eine Vielzahl völlig neuer Methoden der Hypnoseinduktion durch ein verdecktes und indirektes Vorgehen. Dabei bemerkte das ICH weder die Hypnose, noch bekam es mit, wie der Arzt am Bewusstsein vorbei mit dem Unbewussten über einen Heilungsweg verhandelte. Die Besserung oder Heilung wurde so in die Verantwortung des Unbewussten gestellt. Dieses Vorgehen war hocheffizient und ermöglichte, auch in vielen Fällen eine Heilung zu erreichen, die in der klassischen Hypnose nicht zu bewirken war.

Dieses Vorgehen wurde von der Fachwelt zunächst als eine Form der Manipulation missverstanden, stellte jedoch einen großen therapeutischen Fortschritt dar. Milton Erickson manipulierte zwar die situativen Bedingungen seiner Patienten, überließ es jedoch völlig dem Unbewussten seiner Patienten, ob es die vorgeschlagene Lösung akzeptieren und umsetzen wollte. Damit respektierte er die Autonomie seiner Patienten. Im Gegensatz zur klassischen Hypnose ist bei diesem Vorgehen die Verantwortung beim Unbewussten des Patienten und nicht beim Therapeuten.

Erst später wurde von anderen Therapeuten und Forschern erkannt, dass Milton Erickson in seinen Therapien ein tiefes Vertrauen in das Unbewusste und einen großen Respekt vor der Autonomie der Patienten hatte. Milton Erickson forderte auch, dass der Therapeut individueller vorgehen und für jeden Patienten eine eigene Vorgehensweise entwickeln solle. Diese Forderung wurde später von der modernen Psychotherapieforschung aufgenommen.

Noch revolutionärer war sein selbstorganisatorischer Ansatz. Er glaubte, dass im Unbewussten nicht nur die Ursache für die Problementstehung liegt, sondern auch die Lösung. Über Irritation des Systems „Selbst“ förderte er die Aktivierung der Selbstheilung im Sinne einer Selbstorganisation. Dabei erwächst die Heilung aus dem Unbewussten des Patienten. Dass Milton Erickson seinem Unbewussten vertrauen konnte, hatte er schon als 17-jähriger gelernt. Er hatte sich mit Hilfe seines Unbewussten von einer fast kompletten Lähmung nach einer Kinderlähmung geheilt.

Der selbstorganisatorische Ansatz fand auch Einzug in die damals entstandenen systemischen Familientherapien. Denn Ericksons Ansatz in der Hypnose ermöglichte es, die Individualtherapie zu überwinden und die Hypnose für die Familien und das soziale Umfeld anzuwenden. Und so lernten die ersten Familientherapeuten Hypnose und Ericksons neue Methoden.

Der erweiterte Ansatz der Selbstorganisatorischen Hypnose entstand schrittweise in den Jahren ab 1970 durch die Zusammenarbeit von Erickson mit den Familientherapeuten. Hatten diese zunächst von Milton Ericksons Forschungen profitiert, befruchteten diese nun mit ihren systemischen und selbstorganisatorischen Theorien die Hypnose.

In der heutigen selbstorganisatorischen Hypnose werden mit Hilfe bestimmter Techniken im Unbewussten Suchprozesse ausgelöst, die dann aus dem Unbewussten heraus die Lösung erwachsen lässt. Im Gegensatz zu Milton Erickson wird jedoch zusätzlich die Kooperation mit dem ICH des Patienten gesucht. Mit diesem Ansatz stehen dann nicht nur die unbewussten Ressourcen, sondern auch die bewussten Ressourcen zur Verfügung.

Die moderne selbstorganisatorische Hypnose basiert auf den Erkenntnissen von Umberto Maturana, Prof. von Hakens Synergetik und der modernen Neurophysiologie.

Als Strategien stehen die Befragung des Unbewussten mittels Armleviation, die Paradiesgartenstrategie und andere regressive Hypnosetechniken zur Verfügung.